Auf dem Weg nach Süditalien muss ich über die Alpen. Warum eigentlich nicht zu
Fuß? 172 Kilometer und drei Länder liegen vor mir. Auf geht's!
Das komplette Abenteuer findest du in meinem ersten E-Book "Sud".
„So, jetzt aber raus hier, ihr habt 10 Minuten!“
Die Fenster werden aufgerissen, ein eisiger Wind lässt uns frösteln.
Beim Blick auf die Uhr stellen wir fest, dass es schon 9 Uhr ist. Das Matratzenlager sollte vor einer halbe Stunde geräumt sein. Schnell packen wir unseren Kram zusammen.
Wieder einmal laufen wir im Nebel los, doch dieses Mal lichtet er sich zum Glück schnell.
Was war das? Ich schrecke aus dem Schlaf auf. Die Sonne ist bereits aufgegangen, aber in den Schatten, die sie noch nicht erreicht hat, ist die Luft noch eiskalt.
Das ganze Zelt zittert, der stützende Stab gerät in Schieflage.
Schnell verlasse ich das Zelt, um zu sehen, was mich geweckt hat. Doch noch ehe ich sie sehe, höre ich das vertraute Scheppern der Glocken.
Gestern haben wir, dank unserer Wohltäter auf der Braunschweiger Hütte, einen Großeinkauf getätigt. Festlich haben wir zu Abend gegessen und festlich ist unser Frühstück.
Wir sind satt, ausgeschlafen und die Sonne scheint. Wir genießen es, einfach auf der Waldlichtung zu sitzen und die nach Blumen duftende Luft zu atmen.
Heute geht es über den höchsten Berg der ganzen Tour. In über 3000 Metern Höhe werden wir die Grenze nach Italien passieren. Eigentlich ist die Strecke auf zwei Tagesetappen angesetzt, aber unser Budget ist aufgebraucht. Eine Übernachtung auf der Hütte können wir uns nicht leisten und eine Übernachtung neben dem Gletscher kommt nicht in Frage. So gemütlich der Schlafsack auch ist, bei -8 °C in der Nacht wird es darin unangenehm.
Ich höre das vertraute Klappern der Glocken, ungefähr einen Meter neben meinem Ohr. Diesmal konnte ich mich bereits darauf einstellen, auf diese Art geweckt zu werden. Schnell verlasse ich das Zelt, um die mächtigen Bullen zu vertreiben. Es sind drei an der Zahl, noch eine ganze Ecke größer, als die beim letzten Mal. Da ich bereits beim letzten Mal mit dem Versuch des Wegdrückens gescheitert bin, lasse ich mir etwas Neues einfallen. Ich rufe laut und klatsche in die Hände. Unbeeindruckt starren mich die Kolosse an, kommen noch einen Schritt näher aufs Zelt zu, stehen fast auf ihm. Schnell springe ich über das Zelt, um sie aufzuhalten. Bei meiner ruckartigen Bewegung halten sie inne. Ich beginne mit dem Armen vor ihren riesigen Schnauzen herumzufuchteln und sie dabei zu beschimpfen. Langsam drehen sich die Rinder um und trotten davon.
Ich wache auf. Keine Rinder haben mich geweckt, ich bin ausgeschlafen. Wibke schläft noch, also bleibe ich regungslos liegen. Es ist noch kühl, aber nicht kalt. Dank der milden Nacht konnten wir das Zelt offen lassen.
Es beginnt leicht zu nieseln, doch es hört sicher gleich wieder auf. Wir warten besser mit dem Einpacken des Zeltes, bis es wieder trocken ist. Unterdessen klopfe ich gegen die Zeltdecke, bis die
darauf liegende „Türe“ hinab rutscht und den Zelteingang wie ein Vorhang verschließt.