Essensjagd

Alpen Italien Südtirol E5 Wandern Berge Stau-See

Ich höre das vertraute Klappern der Glocken, ungefähr einen Meter neben meinem Ohr. Diesmal konnte ich mich bereits darauf einstellen, auf diese Art geweckt zu werden. Schnell verlasse ich das Zelt, um die mächtigen Bullen zu vertreiben. Es sind drei an der Zahl, noch eine ganze Ecke größer, als die beim letzten Mal. Da ich bereits beim letzten Mal mit dem Versuch des Wegdrückens gescheitert bin, lasse ich mir etwas Neues einfallen. Ich rufe laut und klatsche in die Hände. Unbeeindruckt starren mich die Kolosse an, kommen noch einen Schritt näher aufs Zelt zu, stehen fast auf ihm. Schnell springe ich über das Zelt, um sie aufzuhalten. Bei meiner ruckartigen Bewegung halten sie inne. Ich beginne mit dem Armen vor ihren riesigen Schnauzen herumzufuchteln und sie dabei zu beschimpfen. Langsam drehen sich die Rinder um und trotten davon.


Alpen Italien Südtirol E5 Wandern Berge Weide Wiese Rast Picknick

Von meinen Schimpftiraden wacht auch Wibke auf. Schnell packen wir unseren Kram zusammen und verschwinden. Das karge Frühstück verschieben wir auf einen etwas rinderfreieren Ort, obwohl ich mir eins von ihnen gut als Frühstück vorstellen könnte. An einem idyllischen Bach essen wir unsere beiden letzten Scheiben Brot.

Naturpark Texelgruppe Schild Verbote Alpen Italien Südtirol E5 Wandern Berge

Egal, das nächste Örtchen ist nicht mehr fern.

Wir schmieden Pläne, was wir alles Leckeres kaufen wollen, bis wir realisieren, dass wieder einmal Sonntag ist.

Vor dem Örtchen bemerken wir ein Schild, das in die Richtung weist, aus der wir kommen und ziemlich deutlich macht, dass Zelten hier verboten ist. Glück gehabt!


Lärchen Kiefern Wald Vegetation Alpen Italien Südtirol E5 Wandern Berge

Es geht vorbei am See, den wir bereits gestern bemerkt haben und wieder in die Berge, diesmal auf der anderen Seite des Tals. Der Wald ist wunderschön. Lärche steht an Lärche. Die schmalen Bäume lassen viel Licht durch, so dass der Weg hell und freundlich wirkt.

Jausenstation Gasthof Rast Essen Einkehrmöglichkeit Alpen Italien Südtirol E5 Wandern Berge

Alles perfekt soweit, wenn da nicht der Hunger wäre.

Der Weg führt an einer Jausenstation vorbei. Außen hängt die Speisekarte. Das Essen ist bezahlbar, aber eigentlich sind wir ziemlich knapp bei Kasse. Wir hätten unser Geld aufheben sollen, aber wenn man hungrig ist, denkt man nicht rational. Wir essen uns das erste mal seid Tagen richtig schön satt.

Weißwurst mit süßem Senf, Brezel, Hammel und Holundersaft. Ein Festessen! Wir bleiben noch etwas unter dem Vordach sitzen, weil es anfängt zu regnen. Wir sind zutiefst schockiert. Der Wirt freut sich. Endlich mal regen, im sonst so trockenen Südtirol.

Wasser Brunnen Tränke Alpen Italien Südtirol E5 Wandern Berge

Zum Glück hört es schnell wieder auf zu regnen und wir können unsere Wanderung trocken fortsetzen.

Nach einiger Zeit kommen wir an einer Tränke vorbei, an der wir unsere Wasservorräte auffüllen. Anschließend lassen wir uns auf einer Bank nieder. Der Blick in den Himmel, durch die Wipfel der Lärchen ist wunderschön. Noch schöner ist der Blick zur Seite. Blaubeeren! Das Essen auf der Jausenstation ist schon etwas her und das Bewusstsein, dass wir keinen Proviant mehr haben, drängt sich wieder in den Vordergrund. Schnell sammeln wir ein, was wir finden. Viel kommt nicht zusammen. Wir scheinen nicht die ersten hungrigen Wanderer zu sein, aber es ist besser als nichts.

Lärche Kiefer Sturm Wald Alpen Italien Südtirol E5 Wandern Berge

Durch bizarre Landschaft geht es weiter. Die Lärchen biegen sich, als könnten sie ihr eigenes Gewicht nicht tragen. Wir fangen an zu spinnen, dass der heiße Tag gestern der Äquator war und wir einfach zu weit in den Süden gewandert sind, so dass hier auf der unteren Halbkugel natürlich auch wieder schlechtes Wetter ist. Natürlich würde das auch erklären, warum die Lärchen in den Boden wachsen: Bäume wachsen schließlich immer nach oben.

Oh man, wir sind eindeutig schon zu lange unterwegs!

Waldbeeren Blaubeeren Johannisbeeren Alpen Italien Südtirol E5 Wandern Berge

Dann erneut eine freudige Überraschung: Johannisbeeren! Eine Vielzahl von ihnen! Wir legen so viele wir können zu den Blaubeeren in den Beutel. Inzwischen haben wir eine ganz ordentliche Beerenportion zusammen.

Satt werden wir davon aber nicht werden.

Frisches Brot Bauernhof Alpen Italien Südtirol E5 Wandern Berge

 Wir kommen an einem kleinen Bauernhof vorbei. Wir klingeln und fragen nach einer Scheibe Brot. Ich komme mir doof dabei vor. Wie ein armer Bettler, der Almosen nötig hat. Aber im Moment bin ich genau das. Die Frau an der Türe ist sehr zuvorkommend. 

Sie reicht uns einen kleinen Laib Brot und fragt, ob wir sonst noch etwas brauchen. Ihr Freund bietet mir sogar ein köstlich aussehendes, eisgekühltes Bier an.

Aber wir lehnen ab. So ganz wohl fühlen wir uns beim Betteln noch nicht.

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Wir machen Rast, um Brot und Trauben zu essen. Beides schmeckt köstlich!

Obwohl wir heute mehr gegessen haben als sonst, knurrt uns immer noch tierisch der Magen. Wahrscheinlich hebt das Bewusstsein, keinen Proviant mehr zu haben und nicht zu wissen, wann man das nächste Mal etwas zu essen bekommt, jeden Ansatz von Sättigung auf.

Himbeeren pflücken Proviant Alpen Italien Südtirol E5 Wandern Berge

Wir kommen durch ein kleines Dorf, was uns nicht viel bringt, weil ja Sonntag ist und unser Geld nicht mehr zum Essen gehen reicht, doch als wir es wieder verlassen, sehen wir einen Himbeerstrauch. Es hängen schon bei unserer Ankunft nicht mehr viele Beeren daran, doch als wir weiterziehen hängt keine einzige mehr.

Schließlich erreichen wir das Tal. Wir sind müde, doch bevor wir schlafen gehen können, brauchen wir noch etwas zu essen.

Gasthof Alpen Italien Südtirol E5 Wandern Berge essen einkehren Bar

Das Tal besteht nur aus einem Bach, einer Straße, zwei Häusern und einer Bar. Wir können es uns nicht mehr erlauben, in Bars oder Jausenstationen zu essen, also versuchen wir es bei den Häusern. Hier erfahren wir, dass sie selber knapp sind, weil sie ja erst morgen wieder einkaufen können, aber die Besitzer der Bar seien sehr freundlich und zwei Scheiben Brot würden ihnen sicher nicht weh tun.

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Nein, das tat es offensichtlich nicht und auch die 10. Scheibe tat es nicht! Wir rechneten damit, rausgeworfen zu werden, stattdessen war die Wirtin unglaublich freundlich und wir gingen mit einem ganzen Beutel voller Brote und Brötchen. Sogar eine Packung Käse hat sie uns mitgegeben. Vor der Bar lassen wir uns nieder und vertilgen den Großteil der Brote.

Zwei lassen wir uns für das Frühstück.

Als wir schlafen gehen, tun wir das mit einem ungewohnten Gefühl im Bauch… Ich glaube wir sind satt.


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