Von einem Geräusch, gleich neben meiner Liege wache ich auf. Mist, ist das der Strandwächter, der mir nun ein saftiges Bußgeld abknöpfen wird? Nein, die Person entfernt sich, rasch laufend. Nur ein morgendlicher Jogger. Ich drehe meinen Kopf. Eigenartig, der Jogger läuft mit Rucksack und an dem Rucksack ist eine Isomatte befestigt.
Ich bin noch im Halbschlaf, deshalb dauert es einige Zeit, bis ich realisiere, was gerade passiert ist. Scheiße! Hastig drehe ich mich zur Seite. Mein Rucksack ist weg! Stattdessen liegt im Sand der durchtrennte Riemen, den ich gestern Abend zur Sicherheit an der Liege befestigt habe.
Hastig springe ich auf. Hinter der Liege liegt der durchwühlte Rucksack. Alle Fächer sind offen. Mir wird schwindelig. Mein Geld, meine Papiere, mein Notebook. Alles weg?
Schnell mache ich mich daran, den Inhalt des Rucksacks zu überprüfen.
Nichts fehlt! Offensichtlich war ich rechtzeitig aufgewacht und die Geheim-Verstecke im Rucksack haben ihre Wirkung getan.
Glücklicherweise habe ich an Nadel und Faden gedacht, so ist der Riemen schnell geflickt. Ein seltsames Gefühl bleibt trotzdem. Auf meiner Reise bin ich so vielen netten und hilfsbereiten Menschen begegnet, dass ich fast vergessen habe, dass es noch andere gibt.
Beim Blick in Richtung Meer ist der Schreck schnell vergessen. Weit und breit keine Menschenseele am Strand. Die Sonne steht tief und der Wind ist noch angenehm kühl. Ich packe meine Sachen zusammen und gehe einfach am Wasser entlang. Tief atme ich die salzige Meeresluft ein, als ich barfuß durch den feinen, weichen Sand laufe.
Alles ist still. Die Stadt ist noch nicht erwacht.
Langsam steigt die Sonne weiter auf und vertreibt die Wolken. Der Strand füllt sich zusehend. Erst kommen die Jogger, dann die Spaziergänger mit Hund und schließlich auch die Badegäste.
Zeit für mich den Strand zu verlassen.
Auf einer kleinen Wiese vor einem Hotel, baue ich erstmals auf meiner Reise meine Hängematte auf. Es klingt verrückt. Ich achte auf jedes Gramm im Gepäck und dann schleppe ich eine Hängematte mit, aber für mich ist das Gefühl des leichten Schaukelns unter den Bäumen Urlaub und Entspannung pur und damit ein Luxus, den ich mir gönnen möchte.
Hier schreibe ich über mein Handy diverse Couchsurfer aus Rimini an, denn den Nervenkitzel am Strand brauche ich so schnell nicht noch einmal. Dann heißt es warten.
In der Zwischenzeit schreibe ich ein wenig über meine bisherigen Erlebnisse.
Schließlich entschließe ich mich, mir etwas die Stadt anzusehen. Bei Tag sieht es hier ganz anders aus, aber nicht weniger schön. Über die kleinen Kanäle an Bananenstauden vorbei gelange ich schließlich zu einem Campingplatz. 9€ pro Nacht. Das klingt gut.
Unter den Bäumen baue ich mein Zelt auf, zwischen den Bäumen die Hängematte.
Mit Nadel und Faden nehme ich einige kleine Änderungen am Zelt vor. Die Laschen, welche nur mit einem Klettverschluss geschlossen werden, öffnen sich, wenn das Zelt mit Heringen aufgebaut wird, also nähe ich sie kurzerhand zu.
Dann steht das Zelt. Leider ist der äußere Reißverschluss defekt, das Zelt lässt sich nicht mehr gegen Regen schützen, aber hier in Rimini werde ich den Regenschutz doch hoffentlich nicht mehr brauchen.
Alleine ist es hier ziemlich langweilig, also mache ich mich auf, um neue Leute kennenzulernen. Nach netten Gleichaltrigen muss man hier zum Glück nicht lange suchen. Meine Zeltnachbarinnen Eva, Ester und Isa kommen aus dem Norden der Niederlande und sind mit dem Zug nach Rimini gekommen, um Sonne und Strand genießen.
Wir spielen Karten bis es dunkel wird und gehen schließlich zusammen zum Strand.
Das Wasser ist wärmer als die Luft. Wir schwimmen zu einer kleinen Insel, von wo aus man einen großartigen Blick auf die fernen Schiffe, die Lichter der Stadt und schließlich auch auf ein fernes Feuerwerk hat. Hier sitzen wir bis spät in die Nacht, reden über alles und nichts und genießen Italien.
Was das Filmen und Fotografieren angeht gönne ich mir mal Urlaub. Das gilt auch für den nächsten Tag, an dem wir die Altstadt Riminis erkunden.
Wir essen Eis, trinken Kaffee, essen noch mehr Eis und suchen schließlich Schutz in einem Modegeschäft, da es gießt wie aus Eimern, während der Donner grollt und die Blitze zucken. Zurück am Zeltplatz stelle ich wenig überrascht fest, dass mein Zelt und sein gesamter Inhalt klatschnass sind.
Wenig motiviert, den Abend in diesem Sumpf ausklingen zu lassen, drehe ich noch eine Runde am Meer. Die Straße ist an diesem Samstagabend deutlich belebter, als am Donnerstag bei meiner Ankunft. Dicht an dicht stehen die Straßenhändler, ihre Ware auf Decken vor sich ausgebreitet. Überall dasselbe. Zwischen billige Handtaschen und Sonnenbrillen, Armbändchen und Halsketten, mischen sich heute ausnahmsweise auch Jacken und Regenschirme.
Ein Mann fällt mir in dem Einheitsbrei jedoch besonders auf. Er bemalt Kacheln mit farbenfrohen Meerespanoramen. Diese Maltechnik habe ich schon zweimal auf derartigen Nachtmärkten gesehen und war jedes mal beeindruckt. Durch wischen mit den Fingern, kreiert er in Sekunden Wasserfälle, Palmen und eine, über dem Meer untergehende, Sonne.
Nachdem ich einige Stunden das ruhige Nachtleben genossen habe, kehre ich hundemüde zu meinem Zelt zurück. Es dauert nicht lange, bis ich trotz der Nässe in einen tiefen, ruhigen Schlaf falle.
Was ist dir wichtiger? Vertrauen oder Sicherheit?
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