Einfach irgendwo ein Schlauchboot kaufen und los paddeln. Durch unberührte Natur auf dem plätschernden Wasser treiben und durch abenteuerliche Stromschnellen manövrieren. Klingt zu schön um
wahr zu sein?
Ist es auch. Hier erfährst du warum.
Ich drücke mich weg vom Ufer. Das Boot setzt sich in Bewegung. Stromabwärts treibe ich... und bleibe prompt stecken. Die ersten 200 Meter robbe ich mehr, als dass ich paddel. Mit dem Rucksack im
Boot habe ich zu viel Tiefgang für den flachen Fluss. Die kleinen, unbekannten Flüsschen runterpaddeln, wie im Abenteuerfilm fällt damit schonmal raus. Da das Boot jedoch zu träge ist, um
schnelle Manöver durchzuführen, wie es bei viel befahrenen Flüssen notwendig wäre bleiben schon nichtmehr viele fließende Gewässer zur Auswahl, auf denen es überhaupt möglich wäre, mit dem
Schlauchboot zu fahren.
Glücklicherweise mündet das kleine Flüsschen nach kurzer Zeit in die Neris, einen Vorläufer der Memel. Das Flusssystem der Memel gehört zu den Gewässern, auf denen das Paddeln tatsächlich problemlos möglich ist.
Der erste Tag ist einfach traumhaft. Schnell lasse ich die Stadt hinter mit. Ich paddel mitten durch die Natur. Außer dem Schilf trennt mich nichts von den dichten Wäldern ringsum. Die
Sonne glitzert auf dem Wasser.
Mit dem Schlauchboot erreiche ich nicht ganz das sportliche Tempo, dass ich von den Kanus aus der Schule gewöhnt bin. Macht nichts. Die Strömung treibt mich meinem Ziel entgegen. Früher oder
später werde ich ankommen.
Am Abend gehe ich an Land und mache Bestandsaufnahme. Ich muss einsehen, dass ich mir ein Mammut-Projekt vorgenommen habe. Ich habe zwei Dinge unterschätzt: Die geringe Strömung und die Vielzahl
der Windungen des Flusses. Laut Karte bin ich kaum aus Vilnius raus. Für mich heißt das: So wenig Zeit an Land verbringen, wie möglich.
Tag 2
Am nächsten Tag brennt die Sonne noch stärker vom Himmel als zuvor. Eigentlich bin ich großer Freund der Sonne, doch hier auf dem Fluss fühle ich mich ihr ausgeliefert. Kein Schatten, dafür
spiegelndes Wasser, dass das Licht zusätzlich reflektiert.
Ich verkrieche mich unter meinem nassen Handtuch, um mich vor einem Sonnenstich zu schützen. Nach ein paar Stunden hilft aber auch das nicht mehr. Ich gehe an Land, um mich etwas im Schatten
auszuruhen. Mein Magen knurrt. Ich werfe noch einen Blick auf die Karte. Litauen ist recht dünn besiedelt. Beim aktuellen Tempo werde ich nur alle paar Tage in die Nähe einer Stadt kommen. Bei
genauerem Hinsehen liegen sie auch selten direkt am Wasser. Durch Landgänge würde ich also viel Zeit verlieren. Ich muss lernen. Mich aus dem Fluss zu ernähren.
Ich muss nicht lange suchen. Schnell finde ich ein paar Muscheln. Mit Schilf als Beilage, sollten sie eine vollwertige Mahlzeit ergeben. Nach der Erfahrung mir dem Schweineohr in Vilnius, über
die ich bereits für ein Thomas Cook Projekt geschrieben habe, sieht das Essen sogar richtig lecker aus.
Ein paar Stunden später werde ich diese Mahlzeit bitter bereuen.
Fazit:
Sicherlich lohnt es sich, erstmal ein günstiges Schlauchboot von Hellweg oder Bauhaus zu kaufen, um erste Wassererfahrung zu sammeln. Wenn es
jedoch eine längere Tour sein soll, lohnt es schon, ein paar Hundert Euro in ein richtiges Boot zu investieren, denn wenn man keine Kilometer macht und nur so dahintreibt, wird die Tour schnell
langweilig. Auf jeden Fall muss guter Wetterschutz mit: Hut, Sonnenbrille, Buff oder Tuch für den Nacken, Sonnencreme und Regenkleidung. (weitere Infos und Kaufempfehlungen in meiner
Packliste)
Wer empfindlich ist, was Mückenstiche angeht, sollte auch hier reichlich Schutzzeug mitnehmen. Das stehende Wasser, zwischen dem Schilf ist ein Mückenparadies.
Am meisten gestört bei meiner Bootstour hat mich, dass ich das Gefühl hatte, das Land nicht richtig kennenzulernen. Man trifft keine Leute und sieht nichts von der Landschaft. Stattdessen schaut man die ganze Zeit von unten gegen den Waldrand, der den Fluss abschirmt, wie eine Wand.
Nach dem Paddeln freue ich mich darauf, wieder zu Fuß unterwegs zu sein und diese Wälder nach Herzenslust durchqueren zu können.
In ausführlich werden meine Erfahrungen zu Boot in meinem Film Hyperborea zu sehen sein.
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